Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 28.09.2015 bis 05.10.2015

Lage in der ATO-Zone

Das Hauptthema der vergangenen Woche war das Treffen in „Normandie-Format“ in Paris und welchen Einfluss es auf die weitere Entwicklung in der Ostukraine haben kann, sowie der Abzug von Waffen mit einem Kaliber unter 100 Millimeter.

Die Waffenruhe wurde in der ATO-Zone von Donnerstag bis Samstag vollständig eingehalten, teilte der Sprecher der Präsidialverwaltung zu ATO-Fragen, Andrij Lysenko, mit. Der ukrainische Präsident betonte, dass im Donbass keine brüchige, sondern eine reale Waffenruhe beobachtet wird. In der vergangenen Woche kam kein ukrainischer Soldat ums Leben, 6 Soldaten wurden durch Sprengfällen verletzt. Vom 28. September bis 4. Oktober wurden 13 Verstöße gegen die Waffenruhe festgestellt. Gestern wurde eine einzige Provokation bei Hranitne (Richtung Mariupol, Gebiet von Donezk) festgestellt.

Der Abzug von Waffen mit dem Kaliber unter 100 Millimeter wurde heute im Gebiet von Luhansk begonnen. Eine entsprechende Liste wurde mit den Beobachter der SMM-OSZE vereinbart, teilte die Pressestelle des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte mit. Es wurden die Wege und Sammlungsplätze für den Waffenabzug bestimmt. Dieser Waffenabzug soll 41 Tage dauern. Im Gebiet von Donezk wird dieser Prozess am 18. Oktober gestartet und soll 26 Tage dauern. Einige Experte meinen, dass die Milizen diese Waffenruhe zur Verstärkung ihrer Kräfte nutzen.

Am 2. Oktober wurden die Gespräche in „Normandie-Format“ geführt. Nachfolgend die Hauptergebnisse des Treffens:

Erfüllung der Waffenruhe. Der Waffenabzug soll am 5. Oktober begonnen werden und 41 Tage dauern

Verstärkung der OSZE. Neue Beobachter sollen in die Ukraine gesandt werden. Der Kreml gewährleistet den vollen Zugang für die Beobachter zu allen Infrastrukturobjekten in den vorübergehend besetzten Gebieten im Donbass. Die Beobachter sollen auch Zugang zur ukrainischen Grenze bekommen.

Wahlen. Am 18. Oktober und 1. November werden keine illegalen Wahlen in den vorübergehend besetzten Gebieten durchgeführt. Sie werden später, entsprechend der ukrainischen Gesetzgebung, organisiert. Dabei sollen sie laut den Prinzipien der OSZE durchgeführt werden. Poroschenko betonte, dass ukrainische Parteien an den Wahlen teilnehmen und ukrainische Medien über diese Wahlen unbehindert berichten sollen. Der französische Präsident betonte, dass diese Wahlen 2016 durchgeführt werden können, 3 Monate nachdem die Minsker Vereinbarungen erfüllt werden.

Minenräumung. Fachleute aus Deutschland und Frankreich sollen unter Kontrolle der OSZE im Gebiet von Donbass Minen räumen.

Abzug internationaler Streitkräfte. Holland bestätigte, dass alle internationale Truppen aus dem Donbass abgezogen werden sollen.

Die SMM-OSZE stellte in den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten den russische Raketenwerfer „Buratino“ fest. Die Beobachter sahen dieses Waffensystem früher nicht. Diese Waffenart wird nur in Russland produziert und wurde vor dem Konflikt nicht in die Ukraine geliefert.

Korruptionsbekämpfung

In der Ukraine begannen die ersten Antikorruptionsermittler mit ihrer Arbeit. Sie werden drei Hauptfunktionen erfüllen: Verhaftung von Korruptionären, Gewährleistung der Sicherheit von Teilnehmern an entsprechenden Gerichtsverhandlungen und Gewährleistung der Sicherheit von Mitarbeitern des Büros. Sie erhalten die notwendigen Ressourcen, um Beamte auf allen Niveaus verhaften zu können. Dies teilte der Chef des Nationalen Antikorruptionsbüros, Artem Sytnik, mit. Dabei erkannte er an, dass bisher niemand verhaftet wurde, da noch kein Antikorruptionsstaatsanwalt ernannt wurde, dem das Büro rechenschaftspflichtig ist. Der ukrainische Justizminister, Pawel Petrenko, teilte mit, dass europäische Organisationen der Ukraine über 10 Mio. USD zur Umsetzung des Antikorruptionsprogramms zur Verfügung stellten.

Die Nationale Antikorruptionsstaatsanwaltschaft soll in nächster Zeit gegründet werden, teilte der ukrainische Ministerpräsident, Arsenij Jazenjuk, mit. Sie soll eine reale, und keine „Pseudokorruptionsbekämpfung“ durchführen, und Personen wirklich zur Verantwortung ziehen.

Wladimir Demtschischin, Minister für Energie und die Kohleindustrie, berichtete, dass der Preisunterschied bei Gas für die Industrie und Bevölkerung Ursache für Korruption war, wodurch über 2 Mrd. Kubikmeter Gas, die für den Bevölkerungsbedarf vorgesehen waren, tatsächlich an Industrieunternehmen weiterverkauft wurde. Die Angleichung der Preise für die Industrie und für die Bevölkerung soll diese Korruptionsmöglichkeit unterbinden.

Reformen

Reform des Energiesektors. Die Reform des Gasmarkts begann offiziell in der Ukraine: Seit 1. Oktober ist das Gesetz „Über den Erdgasmarkt“ in Kraft, das die Spielregeln des Handels der für das Land wichtigsten Kernware verändern soll. Die Hauptprinzipien, die der Reform zugrunde liegen, sind: Demonopolisierung, Entwicklung von Konkurrenz, Transparenz und hoher Schutz der Verbraucherinteressen. Die Verbraucher können ihre Gaslieferanten selbst wählen und die Lieferanten sollen ihrerseits Zugang zum Gasnetz erhalten. Die Preise werden durch den Markt bestimmt und nicht über Verordnungen „von oben“. Allerdings hängt die Umsetzung der Vorschriften, die in dem Gesetz enthalten sind, davon ab, wie geschickt die Regierung die einzelnen Vorschriften ausarbeitet, sowie von der Beschließung mehrer Gesetzentwürfe durch das Parlament. Leider verläuft dieser Prozess derzeit relativ langsam. Der ukrainische Ministerpräsident, Arsenij Jazenjuk, erinnerte daran, dass „Naftogaz“ gerade sein Monopol verliert – sowohl bei der Lieferung, als auch beim Verkauf von Erdgas. Die Ukraine errichtet ein vollständig europäisches demonopolisiertes Marktsystem für Erdgas, bei dem der Lieferant bestimmt, wem er das Gas verkauft, und der Käufer bestimmt, bei wem er das Gas kauft.

In der Ukraine muss der Gerichtskörper vollständig ausgetauscht werden, was eine der wichtigsten Grundlagen der Gerichtsreform ist, meint der ukrainische Ministerpräsident, Arsenij Jazenjuk.

Der erste stellvertretende Vorsitzende der Ukrainischen Nationalbank (NBU), Alexander Pisaruk, merkte an, dass die Reformen im Bankensektor dem Staatshaushalt 20 Mrd. Hryvna einbringen kann. Der Spezialist für Verkäufe von Schuldpapieren bei der Investmentgesellschaft „Dragon Capital“, Sergej Fursa, meinte, dass die NBU alle Banken, die Anzeichen von Instabilität haben, entfernen soll. Fursa ergänzte, dass im Bankensystem nur 10 Finanzinstitutionen verbleiben könnten, weil die anderen von der NBU abhängig sind.

Weiter waren folgende Reformen wichtige Themen: Säuberung der Behörden, Antikorruptionsreform, Deregulierung, Reform der Staatseinkäufe. Hier finden Sie eine Zusammenfassung auf Deutsch zu den genannten Reformthemen.

Umfrage

Das Kiewer Internationale Institut für Soziologie führte vom 17. bis 27. September eine Umfrage durch, laut der, wenn am nächsten Sonntag Parlamentswahlen gewesen wären, der „Block Petro Poroschenko“ 11,6 Prozent der Stimmen erhielt, „Batkiwschtschina“ (von Julia Timoschenko) 11,0 Prozent, „Samopomitsch“ 7,5 Prozent, der „Oppositionsblock“ (ehemalige „Partei der Regionen“) 6,4 Prozent, die „Radikale Partei“ (von Oleh Ljaschko) 4,3 Prozent, der „Rechte Sektor“ 3,8 Prozent, „Swoboda“ (von Oleh Tjahnybok) 1,9 Prozent und die „Volksfront“ (von Arsenij Jazenjuk) 0,7 Prozent. 2,1 Prozent erklärten, dass sie ungültig gewählt hätten; 14,2 Prozent hätten nicht an den Wahlen teilgenommen; und 25,3 Prozent taten sich mit einer Antwort schwer.

Laut den Ergebnissen der gleichen Umfrage unterstützt die Mehrheit der Ukraine eine friedliche Lösung des Konflikts. Auf die Frage „Welche Version zur Lösung des militärischen Konflikts im Donbass sehen Sie am annehmbarsten?“ antworteten 78,0 Prozent der Befragten mit „Fortsetzung der Verhandlungen und friedliche Lösung“. Die Möglichkeit „Verstärkung der Kriegshandlungen und Krieg zur Befreiung des Donbass“ wählten 12,6 Prozent. Weitere 9,5 Prozent hatten Probleme, eine Antwort zu wählen.

Der Fall von Nadija Sawtschenko

Das russische Justizministerium nannte die Bedingungen, um Nadija Sawtschenko in die Ukraine zu überführen. Das Ministerium berichtete, dass die Rückkehr von Sawtschenko diskutiert werden kann, wenn ein Ukrainisches Gericht das russische Urteil anerkennen wird.

Das Moskauer Statement zu Sawtschenko bestätigt, dass das Urteil bereits gefällt wurde. Die Aussage des russischen Justizministeriums zur Möglichen Auslieferung von Sawtschenko an die Ukraine deutet darauf hin, dass das Urteil bereits geschrieben wurde.

Wirtschaft

Der Internationale Währungsfond verschlechterte die Prognose zum Wirtschaftsrückgang in der Ukraine für 2015 von 9 auf 11 Prozent. Gleichzeitig blieb die Wachstumsprognose für 2016 unverändert auf dem Niveau von 2 Prozent. Dies steht in der Erklärung des IWF. „Nach der tiefen Rezession in der Ukraine beginnt sofort eine makroökonomische Stabilisierung. Der Währungskurs wurde ausgeglichen; die Umfänge an Depositen in der Nationalwährung steigen; die Inflation ist unter Kontrolle; und die Goldwährungsreserven stiegen auf 12,6 Mrd. USD“, heißt es vom IWF.

Die Ukraine verlor beim Global Competitiveness Index 2015 drei Plätze und fiel vom 76. auf den 79. Platz. Das Rating wird jährlich vom Weltwirtschaftsforum aufgestellt.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

“Wie sieht die Blockade der Krim aus?”

Das Leben an der Frontlinie: Reportage über das Dorf Opytne.

68 Geistliche dienen in der ATO-Zone.

Ein ukrainischer Student erinnert sich an seine Folter im russischen Gefängnis.

Interviews

Die ukrainische Flagge aus Illowaisk bei der UNO-Generalversammlung: Interview mit der Teilnehmerin der Protestaktion und Parlamentsabgeordneten, Anna Gopko.

Wie kann die Einmischung Russlands im Syrienkrieg die Situation verschlimmern? Interview mit dem Redakteur von The Economist, Edward Lucas.

Russland und die Minsker Vereinbarungen. Interview mit dem Sonderbotschafter der Ukraine, Dmitrij Kuleba.

Die Wahlen im Donbass können keinen Frieden gewährleisten. Interview mit der Parlamentsabgeordneten, Svitlana Salischtschuk.

Dieses Gebiet wird nicht ohne ukrainische Integration überleben. Interview mit Freiwilligen aus dem Gebiet von Donezk.

Analysen

Reform Watch: Reformenfortschritte in der Ukraine.

Warum verringerte sich der Energieverbrauch in der Ukraine? Kommentar des Experten vom Zentrum für globale Energiepolitik an der Columbia-Universität, Carlos Pascual.

Russland ändert seine Taktik in der Ukraine. Kommentar des ehemaligen US-Botschafters in der Ukraine. Obwohl plötzlich eine Waffenruhe in der Ukraine festgestellt wurde, bedeutet dies nicht, dass der Kreml seine Pläne im Land änderte.

Die Sicht von Frankreich und Deutschland ist in der Syrien-Frage unterschiedlich. Kommentar von Natalia Gumenjuk. Frankreich hat eine klare Positionen zur Frage von Assads Regierung und sieht keine Lösung in Bezug auf Assad. Frankreich ist seit 2013 bereit, in Syrien militärisch einzugreifen. Aber die USA lehnte dies ab, was die Beziehungen zwischen diesen Ländern belastete. Die Beziehungen zu allen Ländern, die die Syrienfrage zu lösen versuchen, werden die Ukraine beeinflussen.

Wie sieht das russische Propagandanetz im Internet aus? Analyse von StopFake.

Pressekonferenzen in UCMC (auf Deutsch)

Die ukrainische Regierung verliert ihre Bürger im Osten des Landes, weil sie untätig ist – Aktivisten. Während ihrer letzten Reise in den Osten der Ukraine stellte die Gesellschaftsorganisation „Neuer Donbass“ und die Bürgerinitiative „Wostok-SOS“ mehrere Probleme fest, die dringend gelöst werden müssen. „Unser Projekt hilft bereits seit über einem Jahr im Osten der Ukraine dabei, Schulen wieder aufzubauen. Wir unterstützen Leute und beschäftigen uns mit Kindern bei Kulturaktionen. Dieses Mal waren unsere Aktivisten für 10 Tage in Schulen im Gebiet von Luhansk. Wir stießen auf Probleme, die man dringend lösen muss. Aber leider macht unsere Regierung nichts. Damit erhalten wir nicht nur neue Bürger, sondern verlieren auch unsere Bürger, die Ukrainer sein möchten, indem wir ihnen keine Chance dazu geben“.

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